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Da ist ja wieder Oliviero!


„Almutä!!!“ höre ich von irgendwo her zwischen fahrenden Autos und drehe mich um. Aah, Oliviero... Da kommt er schon auf mich zu und fragt etwas aufgeregt „Caffe? Magst du einen? Ich lade dich ein!“ Und zeigt auf die Bar Jepsen. Ich zögere nur einen Minimoment lang, denn genau betrachtet ist es genau der richtige Moment für einen Macchiato mit Oliviero!

 

Oliviero lebt allein. Oft sitzt er vor dem Rathaus, an der Bar, meistens auf einer Bank, in Selbstgespräche vertieft und mit der Welt hadernd. Er ist freundlich und gütig, streift durch´s Örtchen und denkt viel nach.

 

Manchmal ist er unverschämt. Tagelang. Blickt düster. Schreit, wenn ihm nach Schreien ist. Wut auf das Leben, die Politiker, die Misere und die gleichgüktigen Gesichter in diesem Kaff. Er lässt es einfach raus. Manchmal höre ich ihn, wenn er auf der Bank gegenübersitzt. Niemand protestiert, manchmal beschwichtigende Worte, Mensch Oliviero, beruhige dich doch.

 

Einmal zischte er mich an, „Hör auf mich zu grüßen“. „Ich gucke nicht an jemandem vorbei, den ich kenne“, erwidere ich. Er WOLLE das aber nicht! Punkt! Das saß. Und ich guckte eine Weile an ihm vorbei. 

Nach ein paar Wochen erhasche ich unter den Arkaden an der Ponte Vecchio wieder sein gütiges Lächeln. Freude kommt auf. Er lädt mich zum ersten Mal ins Café ein. Ich darf ihn wieder grüßen.

 

Oliviero gehört dazu.

Hier in Pieve hat er seinen Platz. Und während ich heute in der Bar über die erstaunlichen Wandelzeiten in Deutschland schwadroniere, blitzt Traurigkeit durch seine Augen.

 

Ich ziehe den Hut vor seiner Entscheidung zum Anderssein.  Und bin froh, dass er bleibt.  

Oliviero gehört dazu.