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Pure Honesty

Felix, Du warst beim letzten Mal unehrlich mir gegenüber und das macht mich immer noch wütend. Und wir sollen ja hier ehrlich sein und deshalb muss ich es jetzt aussprechen.

Tereses Worte klingen so klar und scharf, wie ihre Augen funkeln. Benedikt leitet unsere Pure Honesty Gruppe über 12 Wochen. Wir sind 14 und 12 Menschen erstarren.

Felix sagt, es könnte jetzt das Ping Pong Spiel beginnen, in der Verhärtung stattfindet. Denn in ihrer Deutung spiegelt sich nicht, wie er es erlebt hat. Und er lädt sie ein, mehr auf ihr eigenes Erleben zu schauen und sich damit zu zeigen.

Und während sie weiter an ihrem Vorwurf festzuhält, ringt er immer wieder mit jedem Wort und jeder Regung um die Verbindung. Jede Sekunde bleibt er dran. Am Ende ist sie ein wenig berührt. Nicht tief. Und gleichzeitig ein paar Zentimeter weiter. Felix hat getan, was er konnte und zieht sich sanft und friedvoll zurück.

Wie mit einem tiefen Ausatmen fällt die Spannung ab – von uns allen. Die Rückmeldungen zeigen Erleichterung. Dankbarkeit. Mitgefühl.

Das war vorgestern. Diese Bilder der beiden Gesichter lassen mich nicht los.

Während ich überlege, wie ich diesen Artikel schreibe, fällt mir eine Situation ein, in der ich selbst Terese war. 2012. Am Beginn einer GFK Ausbildung. Ich war in gefühlt peinliche Lage geraten, weil ich eine wichtige Information nicht erhalten hatte. War sozusagen im falschen Film gelandet. Irgendein Rahmen war völlig anders als gedacht. Nebenbei bemerkt: und das war nur die Spitze vom Eisberg der anstrengenden Kommunikation im Vorfeld gewesen. Und ich hatte es akzeptiert. War geblieben. Hatte mich passend gemacht. Frieden fühlte ich gleichwohl nicht. Denn…

Die Woche verlief und das Leitungspaar verlor kein Wort darüber. Es brodelte in mir. Hey, die gehen hier echt zur Tagesordnung über, während für mich die Schluderei wirklich üble Folgen hatte.

Kurz vor Ende des ersten Blocks, im wahrsten Sinn um 5 vor 12, sprach ich es an. Es ging schließlich um Gewaltfreie Kommunikation. Und die sollte ja alles lösen. Mein Gedanke war, dass sie dann sicher ihr Bedauern über das Versäumnis ausdrücken würden. Oder Wertschätzung meines Pflegeleichten Verhaltens gegenüber.

Ich möge sagen, was ich auf dem Herzen habe. Ich tat mich schwer, es auszudrücken. Druckste herum. Sagte, dass das wirklich schwer für mich gewesen war und dass ich jetzt irgendetwas brauche. Von außen. Von Ihnen. … Und der Ball, den ich warf, flog immer wieder zu mir zurück. Prallte ab. Und ich flüchtete immer mehr in den Kopf, geriet in eine Art Lähmung.

Worum geht es dir? Er hielt mich fest in dieser Zange. Ich beobachtete in mir Nicht Loslassen Können von der Größe eines Rhinozeros. Allein. Friedfertig. Traurig. Alle anderen können weinen und entspannen, nur ich nicht. Wer und was hatte sich bewegt? Ich weiß es nicht mehr.

Damals, vor 13 Jahren landete es im Irgendwo, und nicht im Grunde meines Seins. Ich ahnte, worum es ging.

Der Lehrer, Zen Buddhist, großer Meister: Zeigte er sich, während ich nicht losließ? Ich weiß es nicht. Und ich: hielt es aus. Mehr ging damals nicht. Unsere Umarmung zum Abschied war herzlich, daran erinnere ich mich gut.

 

Sicher ist, dass Felix sich vorgestern gezeigt hat. Sein Blick, sein Ringen, sein Menschsein – sein Wissen, worum es jetzt geht. Sein Sterben und lebendig sein. Das bleibt. 

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